Die Senkung des Energieverbrauchs von Gebäuden ist einer der wichtigsten Aspekte, wenn es um Bau oder Sanierung von Gebäuden geht. Dabei stehen Maßnahmen im Mittelpunkt, die den Energieverbrauch in der Nutzungsphase des Gebäudes betreffen: eine gute Gebäudehülle, effiziente Haustechnik und der Einsatz von erneuerbaren Energien. Graue Energie und Emissionen, die während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, von den gewählten Rohstoffen und deren Gewinnung, über die Verarbeitung zu Baustoffen, die Transportwege, dem Gebäudebau, der Nutzungsphase bis hin zu Rückbau und Entsorgung resultieren, bleiben dagegen meistens unberücksichtigt. Diese „vergessenen“ Potenziale zur Energie- und Emissionseinsparung sollten nicht länger vernachlässigt werden, denn bei einem Neubau auf KfW-Effizienzgebäude-55-Niveau beispielsweise macht die graue Energie etwa 50 Prozent des Energieverbrauchs im Laufe des Lebenszyklus aus.

Grundsätzlich ist bei Gebäuden mit hohem Effizienzstandard der Energiebedarf für den Betrieb in der Nutzungsphase (Heizung, Warmwasser, Kühlung etc.) so gering geworden, dass der Energieverbrauch für Herstellung, Instandhaltung und Rückbau des Gebäudes (graue Energie) in vielen Fällen höher liegt und damit eine entscheidende Rolle bei einer Bilanzierung spielt. Graue Emissionen und graue Energie sind bei Neubauten einer der wesentlichen Faktoren für den Klimaschutz.

Auch die Auswahl der Baumaterialien spielt im Zusammenhang mit dem Klimawandel eine bedeutende Rolle. Das Bauwesen hat einen erheblichen Einfluss auf den Rohstoffeinsatz und den Ressourcenverbrauch. So werden in Deutschland mit jährlich 517 Millionen Tonnen 90 Prozent des inländischen mineralischen Rohstoffabbaus in Gebäuden verbaut. Das gesamte verbaute Material im deutschen Gebäudebestand wird auf ca. 15 Milliarden Tonnen geschätzt. Diese Materialien können bei knapper werdenden Ressourcen und unter Berücksichtigung entsprechender Verarbeitungs- sowie Rückbaumethoden weiter genutzt werden. Diese Zahlen veranschaulichen, dass es auch bei der Wahl der Baumaterialien sinnvoll ist, auf nachwachsende bzw. wiederverwertbare Rohstoffe und Bauprodukte zu achten. Ein hohes Potenzial für die Ressourcenschonung bietet die Sanierung von bereits errichteten Gebäuden, weil diese nicht mit entsprechendem Material- und Energieaufwand neu errichtet werden müssen. Umso mehr bietet es sich an, dies bestehende Bausubstanz energetisch zu optimieren und möglichst nachhaltig zu sanieren .

Die zuvor genannten Aspekte verdeutlichen die Bedeutung, die klima- und ressourcenschonende Bauweisen und Baustoffe als Maßnahmen gegen den Klimawandel haben. Das nachhaltige Bauen ist deswegen auch ein wichtiger Baustein in der Strategie der Bundesregierung, die Klimaschutzziele zu erreichen.

Nachhaltiges Bauen und Sanieren nimmt jedenfalls an Bedeutung zu. Im Bereich des öffentlichen Bauens des Bundes ist Nachhaltigkeit seit vielen Jahren ein selbstverständlicher Teil der Planungs- und Bauprozesse, nicht zuletzt aufgrund der Notwendigkeit zur Umsetzung von aktuellen politischen Zielen. Aber auch der private Markt ändert sich: Laut einer repräsentativen FORSA-Umfrage sagen 82 Prozent der Deutschen, dass ihnen die Beachtung des Umweltschutzes durch die Verwendung nachweislich ökologischer Baustoffe wichtig ist .

Für entsprechend ausgebildete Energieberaterinnen und Energieberater ergibt sich hier ein weiteres Betätigungsfeld. Nachhaltigkeit ist mehr als Gebäudehülle und Energie. Das Wissen aus der Tätigkeit der Energieberatung liefert sehr gute Grundlagen, auf denen das nachhaltige Bauen, unter Einbeziehung der zusätzlichen Themen wie Lebenszyklusanalysen, Schadstoffthemen, Ressourcen- und Klimaschutz oder planerische Aspekte, optimiert werden kann.

Chancen und Risiken, Nachfrage durch Bauherren und Effizienz-Experten

Nicht immer schlägt sich allerdings das Interesse der Bauherrinnen und Bauherren in konkreten Maßnahmen für ein nachhaltiges Bauen und Sanieren nieder. So liegt beispielsweise der Marktanteil von Dämmstoffen aus nachwachsenden Rohstoffen aktuell bei nur rund 7 Prozent.
Die Gründe dafür sind vielfältig: Durch die vergleichsweisen kleinen Mengen, Anlagengrößen und Stückzahlen bei der Produktion sind nachhaltige Produkte häufig noch teurer. Im Ordnungsrecht wird die Einsparung von CO2 noch nicht berücksichtigt, Fördermittel orientieren sich in der Regel an der Senkung des Energieverbrauchs in der Nutzungsphase des Gebäudes und nicht an der grauen Energie aus der Bauphase. Auch bestehen oft noch Vorurteile gegenüber der Verwendung von nachwachsenden Bau- und Dämmstoffen.

Auf der anderen Seite sind viele Bauherren bereit, höhere Kosten zu akzeptieren, weil ihnen Aspekte wie Gesundheit, Behaglichkeit, Wohnqualität und Klimaschutz viel wert sind. Das bestätigt auch eine Umfrage der Kampagne „Natürlich Dämmen“: Wer sich gegen eine Dämmung mit ökologischen Materialen entscheidet, tut dies selten aus finanziellen Gründen, sondern aufgrund nicht ausreichender Kenntnisse. Mehr als einem Viertel der Befragten war nicht bewusst, dass eine Dämmung mit Naturdämmstoffen als Alternative möglich ist. Fehlendes Wissen und Unsicherheiten bei Bauherren führt also häufig dazu, dass die Möglichkeiten des nachhaltigen Bauens und Planens überhaupt nicht in Betracht gezogen werden.

Auf der anderen Seite sind auch bei Architektinnen und Fachplanern häufig mangelnde Kenntnisse in Bezug auf nachhaltige Materialien zu beobachten. Dies lässt sich anhand des unzureichenden Ausbildungsangebotes für die fachliche Spezialisierung im Holzbau illustrieren. Gepaart mit dem allgemeinen Mangel an Bauingenieuren und dem steigenden Bedarf in diesem Bereich verschärft sich dieser Zustand noch zusätzlich.

Energieeffizienzexpertinnen und -experten können in der aktuellen Marktsituation eine bedeutende Rolle einnehmen: Sie sind unabhängig, kompetent und Empfehlungsgeber und können sich hier mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen einbringen und die Bauherren sachlich über die unterschiedlichen Bau- und Sanierungsmöglichkeiten informieren. Die Verbreitung klimaschonender Baustoffe und Techniken bietet neben den herkömmlichen Arbeitsfeldern neue Zukunftschancen für Energieeffizienzexperten.

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